Legenden - Auf dieser Seite möchte ich Fotos und Texte von bzw. über Frauen und Männer präsentieren, die nicht nur im Kreis Stendal Sportgeschichte geschrieben haben. Es handelt sich um Ehrenamtliche, die sich über Jahre, sogar Jahrzehnte für den Sport engagiert haben. Was bleibt, ist die Erinnerung, und mit dieser Seite möchte ich verdienstvolen Sportfreundinnen und Sportfreunden ein "kleines" Denkmal setzen.
(swi).
16. Juli 2023 – Es war ein Leben für und mit
dem Sport. Hans-Joachim Riecke war in vielen Sportarten zu Hause. In erster Linie war er jedoch Handballer. 1953 begann er bei der BSG Lok Stendal mit dem Handballspielen. Gelernt
hatte er diese tolle Ballsportart in seiner Heimat Oschersleben, damals eine Handballhochburg. Er war dann aktiver Spieler und gleichzeitig Trainer der 1. Männer. Sogar
Bezirksauswahl-mannschaften trainierte Hans. Bis Anfang der 70er war er als Lok-Trainer im Einsatz bevor dann bekanntlich der Wechsel zur Leichtathletik erfolgte. „Siggi, wenn
du von Immekath zu den Handballern von Lok Stendal wechselst, komme ich zu dir als Übungsleiter zu den Leichtathleten von Aktivist“, schlug Hans mir bei einem Treffen in der Sporthalle am
Haferbreiter Weg vor. Ich trainierte damals mit den Lok Männern bei Hans, obwohl ich noch für Traktor Immekath im Einsatz war. So kam es dann auch, denn schon 1973 übernahm Hans seine erste
Trainingsgruppe bei den Leichtathleten von Aktivist Stendal. Hauptgrund für den Wechsel waren jedoch die Erfolge von Tochter Dagmar, die Bezirksmeisterin über die 800 Meter geworden
war. Es war eigentlich selbstverständlich, dass alle Kinder von Giesela und Hans Riecke sportlich aktiv sind. Es begann mit Tochter Karin beim SCM. Auch
Gudrun war wie Dagmar bei den Aktivist Leichtathleten aktiv wie auch Rieckes jüngste Tochter Martina. 1963 wurde Hans-Ulrich geboren. Der
Stammhalter wurde natürlich Leichtathlet. Zurückblickend kann ich heute sagen, dass Hans und Gisela mit ihren Kindern viele Mädchen und Jungen für die Leichtathletik begeisterten
und an die Trainingsruppen fesselten.
Schon 1973 begann mit Hans Riecke die Erfolgsgeschichte der Aktivist Leichtathleten. Viele Jungen und Mädchen wurden zur KJS delegiert. So auch Hans-Ulrich, der als
B-Schüler bereits einen DDR-Vierkampfrekord aufgestellt hatte und schließlich beim Club einer der erfolgreichsten Zehnkämpfer wurde. Ein Höhepunkt war die VII. Kinder- und Jugendspartakiade
der DDR 1979. Mit Peter Duks hatte Hans in Berlin in der AK 14 ein Lauftalent am Start. Peter wurde in 4:37,4 Minuten über die 1.500 Meter Hindernis überraschend
Gewinner der Silbermedaille. An gleicher Stelle wurde Hans-Ulrich Spartakiadesieger im Zehnkampf und im Weitsprung der M15. Uli sammelte während seiner aktiven
Zeit noch viele Titel, Medaillen und Rekorde. Mit 8.181 Punkten gehört er zu den erfolgreichsten Zehnkämpfern der DDR. Viele Athletinnen und Athleten, die bei Hans
Riecke das Leichtathletik ABC erlernten waren, überaus erfolgreich so u.a. Lothar Möser, Karsten Teege, Jörg Mertens, Beate Hörholdt, Corinna Runge, Karin
Köppe uvm.
Auch wenn Hans und ich nicht immer die gleiche Meinung
hatten, waren wir fast 20 Jahre ein super Gespann, denn bei uns standen schon immer die Athletinnen und Athleten im Vordergrund. So waren wir stets bemüht, die nicht gerade tollen Bedingungen an
den Wettkampfanlagen so herzurichten, dass die Aktiven gern nach Stendal kamen. Sie wussten, hier wird alles für die Starterinnen und Stater gemacht. Zwei Beispiele sollten das belegen: Unsere
Wettkämpfe fanden vor und in der Sporthalle am Haferbreiter Weg sowie auf dem Sportplatz in Röxe statt. In Röxe musste die Aschenbahn vor den Wettkämpfen „gefegt“
werden um den Splitt wieder gleichmäßig zu verteilen. Das Problem lösten wir gemeinsam. Ich saß im Kofferraum des Trabis und hielt den Bahnbesen in den Händen. Dann drehte Hans mit seinem Trabi
die Runden und nach vier Runden war die Laufbahn wieder wettkampftauglich und ich konnte den Kofferraum wieder verlassen. In der Sporthalle musste vor den Hallenwettkämpfen die Weitsprunggrube
umgegraben und gewässert werden. Das erledigten Hans und ich immer am Samstagabend vor den Meisterschaften gegen 21 Uhr. Aus dem Heizungskeller schleppten wir damals vor dem Umgraben jeder
bis zu 20 Gießkannen in die Grube. Dann wurde noch die Hochsprunganlage im Boxteil aufgebaut, und gegen 22 Uhr war dann Feierabend. Am Wettkampftag waren wir beide dann um 7 Uhr wieder die Ersten
in der Halle.
Hans Riecke und Siggi Wille waren immer bemüht alles für die Aktiven zu tun. So standen die Athletinnen und Athleten bei allen Wettkämpfen immer im Mittelpunkt. Für
mich war das dann auch bis zur letzten Siegerehrung beim 10. SHC am 30. Mai 2022 selbstverständlich.
Nach Handball und Leichtathletik engagierte sich Hans-Joachim
Riecke schließlich in den 90ern im heute größten Sportverein des Landkreises Stendal, dem BRSSV. Kaum jemand weiß, dass das Logo des BRSSV nach einer Idee aus der Feder des
Architekten Hans-Joachim Riecke stammt. In der Sportgeschichte der Hansestadt Stendal hat Hans-Joachim Riecke ein ganz umfang- und erfolgreiches Kapitel geschrieben.
Wenn man sich heute in Stendals Leichtathletik umschaut erkennt man immer noch die Spuren, die Familie Riecke mit ihrem Familienoberhaupt Hans hinterlassen hat. So sprintete auch
SLV Präsident Peter Ludwig einst unter der Anleitung von Hans Riecke, und in Sachsen-Anhalts Leichtathletik schreibt Hans- Ulrich Riecke beim
Mitteldeutschen SC Leichtathletikgeschichte. Auch mit dem Logo des BRSSV hat sich Hans-Joachim Riecke ein Denkmal gesetzt.
… und auch das kann doch kein Zufall sein:
Gerhard Heine war Handballer, Leichtathlet und aktives Mitglied im BRSSV.
Hans Riecke war Handballer, Leichtathlet und aktives Mitglied im BRSSV.
Siggi Wille war Handballer und Leichtathlet und früher auch Mitglied im BRSSV.
Sport verbindet! – Was bleibt, ist die Erinnerung!
Fotos v.l.: Hans unten rechts mit seinen Lok-Handballern - ... mit Peter Duks beim Training - "Junge Meister" Hans-Ulrich Riecke -
Glückwünsche zum 70. - Gisela und Hans am 5. Juni 1998 - Das Logo des BRSSV entworfen von Hans-Joachim Riecke.
(swi). 04.07.2023 -
Wenn ich hier über Kurt Kauschat, neben Horst Dietrich und „K.o.-
Müller“ die Stendaler Legende des Boxsports schreibe, möchte ich nicht über Titel, Medaillen und Platzierungen berichten. Mir geht es mehr um Begebenheiten, Erlebnisse
und Ergebnisse, die sich außerhalb des Boxraumes in der Stendaler Sporthalle am „Haferbreiter Weg“ ereigneten, aber typisch für Kurt Kauschat waren.
„Boxen ist ein harter Sport, aber auch ein fairer. Boxen sollte niemals als ein gedankenloses Aufeinanderprallen roher Kräfte aufgefasst werden, sondern als ein mit Muskeln betriebenes
Streiten des Geistes.“ Über 45 Jahre begeisterte Kurt Kauschat mit dieser deutlichen Ansage als Übungsleiter und Leiter der Sektion Boxen der BSG Lokomotive
Stendal Kinder und Jugendliche für seine Sportart.
Kuddel, wie er weit über die Grenzen Stendals genannt wurde, lebte und liebte das Boxen. Für seine „Jungs“, so nannte er seine Faustkämpfer, ging er durchs Feuer. Er
forderte und förderte sie. Um ein guter Boxer zu werden, müssen auch die schulischen Leistungen stimmen und so verhängte Kuddel bis zur Verbesserung der Schulnoten schon mal ein Trainingsverbot.
„Ich verstehe nicht, dass sich Eltern aufregen, weil ich zu Beginn eines neuen Trainingsjahres die Zeugnisse sehen wollte“, teilte mir Kuddel an einem Trainingsabend in der Sporthalle am
„Haferbreiter Weg“ mit. Auch wenn ab und zu in der Sektionsleitung neue Gesichter auftauchten, war Kurt Kauschat währen seiner gesamten Ehrenamtszeit fast immer ein
Einzelkämpfer. Aktive und Eltern waren mit seiner ehrenamtlichen Arbeit nicht immer zufrieden. So war das jedoch in einigen Sportarten. Ich erinnere mich, dass junge Boxer zu mir in die
Geschäftsstelle in der Fabrikstraße kamen und Kuddels Absetzung forderten. „Wir übernehmen das“, äußerten die „Jungs“. Als ich ihnen mitteilte, was ihr Sektions- und Übungsleiter
alles leistet und dass er nicht nur für das Training zuständig ist, kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Ne, wir wollen nur trainieren“. Dann waren sie so schnell weg wie sie
gekommen waren. Kuddel ging es nie um seine Anerkennung, denn die gehörte seinen „Jungs“. Für mich bleibt die Sportlerehrung der Hansestadt Stendal 2006 in guter
Erinnerung, denn im Musikforum „Katharine“ erhielt Kurt Kauschat den Sport – Ehrenoscar. Auf der Bühne standen damals seine „Jungs“ und der Applaus der Gäste,
die sich alle von ihren Plätzen erhoben hatten, wollte nicht enden. „Das ist eine tolle Ehrung, aber das schönste war für mich, dass ich den Pokal vor meinen „Jungs“ erhalten habe“, äußerte
sich ein sichtlich gerührter Preisträger.
„Wenn Kuddel mal nicht mehr ist, ist mit dem Boxen in Stendal Schluss“, darüber war man sich in der Hansestadt einig. Wie so oft kam es ganz anders, denn nach Kurt Kauschat nahmen
bekanntlich engagierte Freunde des Boxsports um Rico Festerling und Christoph Schlender das Heft in die Hand, gründeten den 1. Stendaler Boxclub und setzten u.a. mit der Boxgala Kuddel
Kauschats Lebenswerk in neuer Qualität fort. Was bleibt, ist die Erinnerung und dafür hat Kurt „Kuddel“ Kauschat fast ein halbes Jahrhundert mit seinen „Jungs“ im Boxsport
gesorgt. Fotos – Siggi und Rayk Wille.
(swi). 02. 10. 2022 - Er hat Leichtathletikgeschichte geschrieben. In Stendal, Gardelegen, Kalbe/Milde, im Kreis Stendal, im Landkreis Stendal, im Bezirk Magdeburg, in Sachsen-Anhalt, in der DDR, im vereinten Deutschland, in Europa und in der Leichtathletikwelt. Titel, Medaillen, Rekord hat er gewonnen bzw. aufgestellt und so ist und bleibt Hans Hoffmann der erfolgreichste Senioren-Leichtathlet der Altmark aller Zeiten. Seine Erfolge bei Meisterschaften auf allen Ebenen stehen in den Ergebnislisten und Chroniken. Das Besondere an Hans war jedoch, dass er auch im Ehrenamt als Übungsleiter und Funktionär seine Spuren hinterlassen hat. Wer tiefere Einblicke in die Sportgeschichte unseres Hans Hoffmann nehmen möchte, kann diese mit einem KLICK auf die PDF-Datei (unten) erleben. "Hans Hoffmann - Der Medaillenhamster aus der Altmark - Super Sprünge in den Sand gesetzt" - In dieser kleinen Broschüre habe ich die 73 Jahre von Hans Hoffmann in seinem "Leben mit der Leichtathletik" beschrieben. "Sport verbindet - Was bleibt, ist die Erinnerung!"
27.09.2022 - „Wo kommst du her? Aus Immekath? Gegen deinen Vater habe ich schon in den Fünfzigern Handball gespielt!“
So lernte ich meinen teuren Freund Gerhard „Lampe“ Heine kennen! „Lampe“ begleitete mich vom 2. Mai 1971 bis zum 27. Juni 2009 auf Schritt und Tritt. Als er am 25. Oktober 2003 vor
seinem geplanten Umzug nach Otze/Niedersachsen stand, sagte ich bei der Verabschiedung in meiner Laudatio an Gerhard Heine: „In dem, was ich geworden bin, steckt sehr viel Lampe Heine
drin.“ Ich glaube, dass in diesem Satz alles steckt, was man zu einem geachteten Menschen sagen kann. Über 35 Jahre haben wir gemeinsam für den Sport gekämpft. Wir haben gemeinsam
gewonnen und verloren. Nach Niederlagen haben wir uns aufgerafft und neuen Anlauf genommen. Als Leichtathleten wussten wir, dass jeder, der den Endkampf erreicht, noch drei Versuche hat und
die haben wir immer genutzt. Unser größter, gemeinsam errungener Sieg war der Bau des neuen LA-Stadions „Am Galgenberg“. Gemeinsam mit Radio-SAW-Moderatorin Dörthe Graner haben Lampe und
ich alle Tricks aus der Kiste geholt, die schließlich zum ersten Spatenstich und damit zum Bau des Stadions führten. Gleiches haben wir dann nochmals mit der Werfer-Gala praktiziert. Das
Besondere an unserer Freundschaft war jedoch, dass der alte Hase „Lampe“ den jungen „Wilden“ mit Rat und Tat unterstützte, aber auch den Rat des jungen „Wilden“ annahm. „Was gibt es
Schöneres, als jungen Menschen Erfolgserlebnisse zu vermitteln?“ Dieser Ausspruch von Lampe Heine begleitete mich viele Jahre. Er ist so wertvoll und ich empfehle jedem Politiker bei seinen
Entscheidungen, wenn es vielleicht um die Streichung von freiwilligen Aufgaben und Wahlversprechen geht, über diesen Satz des alten Heine nachzudenken.
Auch als Aktiver konnte
„Lampe“ auf große Erfolge verweisen. So war er Mitglied der ersten "Kernmannschaft" der späteren DDR - Nationalmannschaft, lief hier beim ersten Länderkampf in Bulgarien in der 4 x
400 Meter Staffel. Im Stadion „Am Galgenberg“ wurde „Lampe“ am 3. Oktober 1996 als erster Freund unserer Leichtathletik mit der Ehrenplakette des Leichtathletik -Verbandes Sachsen – Anhalt
geehrt. In der Sport- und Hansestadt Stendal hat Gerhard „Lampe“ Heine seinen festen Platz. Er wurde Ehrenmitglied des KSB Stendal – Altmark. Ich bin stolz, dass ich auch die
Ehrenplakette des LV erhalten habe und wie „Lampe“ nun auch Ehrenmitglied unseres gemeinsam gegründeten Kreissportbundes sowie des SLV92 wurde. Wie mein
Freund Gerhard „Lampe“ Heine bin auch ich „Sport – Ehren-Oscar-Preisträger“ der Sport- und Hansestadt Stendal. Seine letzte Ruhestätte fand „Lampe“ an der Ostsee auf der Insel
Rügen. Meine Ostsee, meine Insel! Sport verbindet!
(swi) 04.07.2021 - Wer in der Altmark über den Handball spricht, kommt unwillkürlich auf Adolf „Addi“ Kölsch. Er verkörperte diese Sportart in der Region wie kein anderer und hat diese Mannschaftssportart weit über die Grenzen des Landes bzw. des ehemaligen Bezirkes Magdeburg hinaus geprägt sowie den Lok – Handball zu einer der besten Andressen gemacht. Über 60 Jahre war er Übungsleiter, und da hatte es Addi besonders der weibliche Nachwuchs angetan. Nach seinen größten sportlichen Erfolg befragt, antwortete „Addi“ immer wie aus der Pistole geschossen: „Die Bronzemedaille mit der Mädchen B – Mannschaft bei den DDR Meisterschaften 1974/75 in Erfurt hinter Empor Dresden und Empor Pankow. Betreuerin war damals seine spätere Ehefrau Karin, und zur Mannschaft gehörten u.a. Cordula Schumann (Lange), Carmen Kordts sowie die später für den SC Magdeburg spielende Petra Rußbüld. Die besten Handballerinnen hat „Addi“ immer zum Club delegiert. Zeitweise spielte für den SCM eine komplette „Kölsch – Lok – Sieben“.
Wer im weiblichen Bereich in den siebziger Jahren Bezirksmeister werden wollte, musste Addi’s Lok – Mädchen schlagen, und das war schwer. Bis zu fünf Mädchen - Mannschaften kamen fast täglich zu „Addi“ in die Sporthalle am Haferbreiter Weg zum Training um sich dort unter der fachkundigen Anleitung ihres Übungsleiters die Grundlagen für die sportlichen Erfolge zu holen. Durch diese kontinuierliche Arbeit eilte man von Erfolg zu Erfolg und landete mit dem Gewinn der BM - Titel in der Saison 1977/78 in den Altersklassen 11/12, 13/14 und 15/16 den wohl größten Triumpf in der Vereinsgeschichte.
Einmalig ist wohl auch seine Kariere als Schiedsrichter, und auf seinen schnellen Aufstieg in dieser Zunft war er immer besonders stolz. So pfiff „Addi“ bis 1959 auf Bezirksebene, wurde 1959 in die Leistungsklasse II, was Einsätze bis zur DDR – Liga bedeutete, eingestuft und war dann von 1971 bis 1981 Referé in der Oberliga, der höchsten Spielklasse im DDR – Handball. An zwei Einsätze als „Mann in schwarz“ erinnerte sich „Addi“ gern. So ist war er besonders stolz auf die Leitung des Endspiels der Frauen im Großfeldhandball des III. Turn- und Sportfestes 1959 in Leipzig, in dem Fortschritt Weißenfels den SC Emport Rostock besiegte.
In der Männer Oberliga war die Begegnung ASK Vorwärts Frankfurt gegen Dynamo Berlin immer etwas Besonderes, denn NVA gegen Polizei war nicht nur im Fußball unter der Aufsicht höchster Politprominenz besonders brisant. Dass „Addi“ in einem seiner ersten Oberligaeinsätze diese Partie leiten durfte und sich von keinem der hoch dekorierten Funktionäre beeinflussen ließ, freute ihn besonders. Aber auch die größte Enttäuschung in seiner sportlichen Laufbahn betrifft die Schiedsrichtertätigkeit, denn nach 55 Jahren teilte man ihm kurz und knapp mit, dass er nach den gültigen Regeln des nationalen Verbandes nicht mehr pfeifen darf, weil er zu alt ist. Der Handballfreund im Land kennt viele Schiedsrichter und weiß, dass Addi als damals 80-jähriger rüstiger als so mancher seiner noch aktiven jüngeren Kollegen war. Schließlich fuhr er täglich mit seinem Fahrrad, das man ihm zum 75. Geburtstag geschenkt hatte, und das von Fahrradhändlern als „nicht mehr zu reparieren“ eingestuft wird, vom Heimatort Hassel in die Stendaler Sporthalle in der Schillerstraße und zurück 25 km, und das an manchen Tagen sogar zwei Mal. „Ohne Dank nach über fünf Jahrzehnten gehen zu müssen, tat weh, und daran hatte er viele Jahre zu knabbern“, drücket Adolf Kölsch damals seinen Schmerz aus.
Doch wenn er über seinen Einsatz bei der Handball – Weltmeisterschaft 1974 in der DDR berichtet, er war in Rostock, Wismar und Schwerin aktiv, strahlen seine Augen.
Auch an seine ehrenamtliche Lehrtätigkeit an der Sportschule in Osterburg erinnerte sich der Sportlehrer „Addi“ Kölsch gern, denn hier konnte er vielen jungen Übungsleitern und Schiedsrichtern die Grundlagen für ihre ehrenamtliche Tätigkeit für den Handballsport vermitteln und auch den Funktionärsnachwuchs für seinen Heimatverein, der nach der SG Stendal West/Röxe, Einheit Stendal und Lok Stendal dann der HV Stendal war, sichern.
Am 4. Juli 2021 wäre Adolf „Addi“ Kölsch 90 Jahre geworden. „Ich bin stolz auf meine Familie und würde alles wieder so machen“, so blickte „Addi“ Kölsch in jedem Gespräch glücklich und zufrieden auf sein Leben zurück.
„Gesund bleiben, noch viel Freude mit meiner Familie haben
und natürlich dem Handball treu bleiben“, so die Antwort auf die Frage nach seinen Wünschen zum 80. Dann besiegte leider eine heimtückische Krankheit im 83. Lebensjahr die Handballlegende Adolf
„Addi“ Kölsch.
Viele Auszeichnungen hat er für sein ehrenamtliches Engagement bekommen. Besonders stolz war Addi auf die Ehrung durch die damalige Sozialministerin Dr. Gerlinde Kubbe als „Dienstältester
Übungsleiter“ sowie auf die Eintragung in das Ehrenbuch der Hansestadt Stendal und den Sport-Ehrenoscar, den er 2004 erhielt. Die größte Auszeichnung wurde Addi zum 80. Geburtstag am 4. Juli 2011
zuteil, als der Landeshandballverband ihn zum Ehrenmitglied des Verbandes ernannte.
Was kaum jemand weiß:
Spitzname
Addi hatte einen Spitznamen, den er von seinen Schiedsrichterkollegen bei einem Lehrgang in Kienbaum bekam. Da saß im Speisesaal ein Sportler, der Addi unheimlich bekannt vor kam. Die Neugier siegte, und Addi ging an den Tisch des Sportlers und sagte: „Sie kommen mir so bekannt vor. Sie sehen aus wie Helmut Recknagel.“ Die Antwort: „Ich bin Helmut Recknagel.“ Und von diesem Tag an hieß Addi bei seinen Amtsbrüdern nur noch „Recknagel“.
Der 16-stundentag mit Fahrplänen, die auf Addi Kölsch zugeschnitten waren:
5:45 Uhr ab Arendsee über Seehausen – Osterburg nach Stendal mit Bushalte-stellen, die es gar nicht gab. Arbeitstag im DTSB Kreisvorstand Stendal und bis 20:30 Uhr Training in der Sporthalle am Haferbreiter Weg. Ca. 21:15 Uhr mit der Kleinbahn nach Arendsee und am anderen Morgen um 5:45 Uhr wieder ab Arendsee in Richtung Stendal.
DDR – Fernsehen
in Farbe
1972 leitet „Addi“ Kölsch/Arendsee mit seinem „Spannemann“
Günter Carl/Coswig das Oberligaspiel Post Schwerin gegen Chemie Premnitz in der Schweriener Sport- und Kongresshalle. Das Besondere an diesem Spiel: Es war die erste Farbaufzeichnung im DDR –
Fernsehen. Die Aufzeichnung war nur in Schwerin möglich, weil es die einzige Sporthalle war in der die Beleuchtung für Farbaufzeichnungen ausreichte.
„Was bleibt ist die Erinnerung!“ Mach‘s gut – Gerd Engel, mein Freund! -
(swi). 19.01.2019 -
Ein großes Sportlerherz hat am 8. Januar 2019 aufgehört zu schlagen.
„Obwohl ich Engel heiße und bei der Reichsbahn arbeite, laufe ich!“ Das war der Beginn des Diskussionsbeitrages, den Gerd Engel, BSG Lok Stendal, als einer der 1.200 Delegierten zum VII. Turn-
und Sporttag des DTSB der DDR (19.-21. Mai 1984) in Berlin hielt. Der Beitrag fand sogar im NEUEN DEUTSCHLAND vom 21. Mai 1984 Berücksichtigung!!!
Läufer sind Leichtathleten! Darüber waren wir uns immer einig. Wir verneigen uns vor dem Lebenswerk unseres Sportfreundes Gerd Engel. Die Spuren, die Gerd in vielen Bereichen hinterlassen hat,
sind tief und für die Ewigkeit. Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit und Pflicht dafür zu sorgen, dass es weiter geht!
Sprüche aus dem Leben einer Lauflegende:
„Wir laufen aus Freude für die Gesundheit durch die Natur.“
„Lieber schöne Erlebnisse als Zeiten und Ergebnisse“
„Mach mit, tönt es von Mund zu Mund, wer Meilen läuft, der bleibt gesund!“
„Kleider machen Leute – Sport macht die Figur.“
„Vater, Mutter, Mädchen, Bengel – lauf Meilen mit Gerd und Liesel Engel!“
Als ich Gerd „Erbse“ Engel Anfang der Siebziger kennen lernte, hatte er mit der Laufbewegung kaum etwas zu tun. Er war gemeinsam mit Uwe Müller bei Lok Stendal im
Nachwuchsfußball ehrenamtlich aktiv. Begeistert hatte mich damals sein Schaukasten an der alten SPOWA (Ecke K.-Marx-Straße/W.-Külz-Straße).
Hier zeigte Gerd Engel bereits sein „Werbetalent“, welches er bis weit ins zweite Jahrzehnt des neuen Jahrtausends ständig in hoher Qualität ausbaute. Eines seiner Meisterwerke war
dann auch die Gründung seiner Laufgruppe, der er schließlich nach dem Teegenuss am Ortsausgang von Arnim am 7. November 1977 den Namen der netten Oma „Haeder“ gab. Dieser Name ging
um die Welt und führte oft dazu, dass man in DTSB-Chefetagen von Herrn Haeder sprach, aber Gerd Engel meinte. Viele Veranstaltungen durfte ich in den über 40 Jahren
gemeinsam mit meinem Freund Gerd organisieren. Richtig begann es im Frühjahr 1978, als wir uns entschieden, den 1977 (30 Teilnehmer) von Werner Klawun (BSG Lok Stendal / Sektion Radsport) ins
Leben gerufenen Elbe – Lauf fortzusetzen. Kaum jemand weiß, dass wir gemeinsam die Strecken für den II. Stendaler – Elbe – Lauf (später bis heute Arneburger – Elbe – Lauf) ausgemessen haben. Mit
einem Vermessungsrad vom Katasteramt Stendal liefen/gingen wir die 25 km – Strecke ab. Kurzfristig mussten wir mit den Genossen der C&A verhandeln, da die Sowjetarmee die Elbwiesen als
militärisches Übungsgebiet betrachteten. Das Plakat, die Teilnehmerurkunden, Startnummern und Stempel wurden entworfen und mit der Unterstützung des Volkskorrespondenten Klaus
Pohlmann und dem Mitarbeiter der Volksdruckerei Kalle Schmalz vervielfältigt. Die Startnummern wurden in der Neubauwohnung von Liesel und Gerd
Engel aus Bettlaken zugeschnitten und mit den Kranzschleifen – Druckbuchstaben meiner Mutter (Gärtnerei Immekath) bedruckt. Das schlimmste Erlebnis für mich war die Verkostung des in der
Küche des Kulturhauses unter Leitung von Siggi Böttcher produzierten Haferschleims.
Am 4. 11. 1978 begann dann die Erfolgsgeschichte des nun ältesten Volkslaufes in Sachsen – Anhalt, der immer mit dem Namen Gerd Engel verbunden bleiben wird.
Was bleibt ist die Erinnerung, und davon gibt es sehr viele! 1979 entwarfen wir den Meilenkalender mit allen Laufterminen und Hinweisen für Läufer. 1.000 Stück wurden gedruckt und uns
sprichwörtlich aus den Händen gerissen. Die Führung des DTSB Kreisvorstandes Stendal machte sich mit unserem Werk einen Namen im Bezirk, obwohl sie mit dem Namen „Haeder“ nichts anfangen
konnte. Gerd war der Vorsitzende des Kreis- und Bezirksmeilenkomitees. Viele Läufe folgten, und wenn Gerd etwas angefasst hatte, blieb er auch dabei, selbst wenn es ihm gesundheitlich nicht
so gut ging. 1982 gab es den Altmark – Marathon im Stendaler Stadtforst und den 1. Heide – Lauf in Uchtspringe. Etwas Besonderes waren auch die „Fackelläufe mit Musik“ um den
Stendaler Stadtsee mit u.a. (laut Presse) 12.000 Besuchern und 7.000 Läufern. Täve Schur und auch Oma Haeder waren dabei. Jubiläums - , Olympia - und Festival -
Meilen sowie alle Volksläufe sind mit dem „Lauf – Engel“ und seinen Logos: „Wir laufen aus Freude für die Gesundheit durch die Natur“ oder „Lieber schöne
Erlebnisse als Zeiten und Ergebnisse“ eng verbunden, sogar, wenn er gemeinsam mit seiner Liesel in einer extra geschneiderten großen Hose durchs Ziel lief! Gerd und ich
hatten viele gemeinsame Erlebnisse und sogar Geheimnisse. Drei möchte ich (ohne Namen zu nennen) bekannt machen. Den bereits erwähnten Diskussionsbeitrag hatte man vor dem Turn- und Sporttag
zensiert und leicht geändert, aber Gerd hielt ihn (ohne Folgen) so wie er ihn eingereicht hatte. Vom Fichtelberg bis Kap Arkona war wohl einer der längsten und logistisch
schwierigsten Läufe, die Gerd Engel verwirklichte. Es gab ein Verbot, aber als die Verantwortlichen einer Einrichtung in der Stendaler Thälmannstraße eingreifen wollten und der
DTSB-Chef Schweißausbrüche hatte, weil er in der Lok -Geschäftsstelle die Mitgliederkartei der Laufgruppe nicht bekam, war Gerd mit seiner Mannschaft schon unterwegs. Das Interesse der Medien war
groß, und so schmückten sich später auch die „Verhinderer“ mit den Lorbeeren. Dann wollte ein Läufer der Haeders zu viel Ergebnisse und Zeiten. Sein Ehrgeiz musste gestillt werden. Das
gelang mir ganz einfach. Ich machte ihn (in Absprache mit Gerd) zum Leiter einer bedeutenden Laufveranstaltung ab Frühjahr 1982.
Foto - von links: OB Klaus Schmotz, Gerd Engel, Siggi Wille und Täve Schur – Seniorentreffen 2015